Reiter-Kurier September 2014 - page 26

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Reiterkurier · September 2014
Ganz anders sieht die Psycholo-
gie bei Kindern aus, die häufig gefor-
dert werden wollen. Dennochmuss der
Reitlehrer dem Alter angepasst agie-
ren. Besonders kleine Kinder möchten
schnell zu viel in zu kurzer Zeit. Hier
gilt es, das Interesse zu wahren, jedoch
den Kindern auch sanft ihre aktuellen
Grenzen aufzuzeigen, um sie nicht in
Gefahr zu bringen. Andererseits ist bei
vielen Kindern und Jugendlichen Mo-
tivation ein wichtiger Inhalt der Reit-
pädagogik. Wenn selbstgesetzte Ziele
nicht erreicht werden, stößt man
schnell an die Grenzen der eigenenMo-
tivation. Wichtig ist, dass man hier auf-
gefangen wird.
In jedem Reitstall gibt es Drauf-
gänger und schüchterne Schüler – die
Kunst liegt darin, auf alle im Unter-
richt so einzugehen, dass sie sich glei-
chermaßen geachtet fühlen und nicht
die Freude am Reiten eines Tages ver-
lieren. Wie geht man zum Beispiel mit
einzelnen Schülern in einer Gruppe
um, die besonders gefördert werden
sollen/müssen? Ist hier nicht eine Ein-
zelstunde nützlicher? Oder können
bestimmte Inhalte für alle von Nutzen
sein, sodass sich keiner langweilt oder
benachteiligt fühlt?
Besonders im Fall von Angst nach
einem Sturz wird der Umgang mit
ängstlichen Reitschülern schwierig.
Ganz langsam und behutsam, jedoch
nicht ohne einen gewissen Schuss Zu-
versicht gilt es hier, sich wieder ans
Pferd heranzupirschen. Druck darf kei-
ner entstehen, doch auch der berühmte
„Ruck“ mit dem es vorwärts geht, nicht
vergessen werden.
Nur wer sich der Herausforderung
stellt, kommt letztendlich weiter. Und
mit Angst hat noch keiner gut im Sat-
tel gesessen…
Ein Plan für jede Stunde
Vor jeder Reitstunde sollte sich ein
Reitlehrer Gedanken machen, was er
für Inhalte vermitteln möchte. Sinn-
voll sind schriftliche Pläne, die man
zwar definitiv nicht vor jener Stun-
de neu schreiben (das würde wohl je-
den zeitlichen Rahmen sprengen…),
aber doch regelmäßig, vor allem nach
neuen Erfahrungen in Kursen und
Co., auffrischen sollte. In einer sol-
chen schriftlichen Unterrichtsstun-
de sollte beispielsweise vermerkt wer-
den, wie lange Zeit für welche Inhalte
eingeplant wird (Beispiel: Aufwärmen
10 Min., Lösungsphase: 20 Min., Ar-
beit im Trab, Galopp + kleine Sprünge
15 Min., Spiel 5 Min. Entspannung im
Schritt 10 Min.)
Ein Blick auf die Liste der jeweilige
Reitschüler hilft außerdem sich darauf
einzustellen, was besonders geübt wer-
den muss. So sollte jeder Reitlehrer ein
kleines Organisationstalent sein.
Der Reitlehrer darf in keiner Phase
seiner Karriere vergessen, dass er selbst
niemals auslernen darf und sich immer
neuen Kursen und Weiterbildungen
stellen muss. Wie bei einem „norma-
len“ Lehrer verändert sich die päda-
gogische Landschaft mit der Zeit und
muss neu an die Lerninhalte angepasst
werden – auch wenn die Grundthemen
immer die Gleichen bleiben. Mit dem
Absolvieren der Trainer-Scheine ist je-
denfalls noch lange nicht Schluss…
Wer nach weiterer Literatur rund
ums Pferd sucht – hier ein Tipp von
Ingrid Klimke: „Tolle Beispiele für
guten Reitunterricht findet man in
den beiden Büchern von Ute Och-
senbauer: „Mein großes Buch vom
Reiten lernen“ (Kosmos, 2011) und
„Mein großes Buch Pferde & Ponys“
(Kosmos, 2012).“
Zum Thema Reitpädagogik aus
Sicht des Reitlehrers ist außerdem
folgendes Werk zu empfehlen: „FN
Handbuch Lehren und Lernen im
Reitsport“ (FN Verlag, Warendorf
2007, 3. Auflage 2013)
text/fotos:
a. koch/s. 21, s. 25 und s. 26 fotolia
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