Reiter-Kurier September 2014 - page 25

Reiterkurier · September 2014
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Und den Umgang und die Pflege lernt
man am besten, wenn man selbst ein
(Pflege-)Pony/Pferd hat, um das man
sich kümmern kann.“
Der Reitunterricht ist also in guten
Reitschulen nicht mit
dem Ende der Reit-
stunde vorbei. Er be-
ginnt mindestens eine
Stunde vor dem Un-
terricht mit der Pfle-
ge des Pferdes – zu-
nächst natürlich unter
Anleitung des Reitleh-
rers. Nach dem Ende der Stunde wird
das Pferd gemeinsam abgesattelt und
abgezäumt. Es bekommt die Stallde-
cke über und wird vorher geputzt oder
abgespritzt. „Learning by doing“ heißt
die Devise. Wenn das Kind selbst mit
anpacken darf, lernt es viel mehr über
das Verhalten des Pferdes und die Pfer-
depflege, als wenn es dies nur aus dem
Theorieunterricht kennt. Und gemein-
sam kann sogar die Lederpflege richtig
Spaß machen…
Nach den ersten Longenstunden
geht es für die meisten Kinder weiter
in der Gruppe. Das ist kostengünstiger
als Einzelunterricht – und den meisten
Kids macht es auch zusammen mit
Gleichaltrigen ammeisten Spaß!
Interessant sind in dieser Zeit auch
Ferienangebote rund ums Pferd. Urlaub
auf dem Ponyhof oder im Reitcamp ist
ohnehin der Traum reitbegeisterter
Kinder. Den ganzen Tag mit dem Pferd
zusammen sein, keine Schule, nur
reiten, schmusen, pflegen, Spaß ha-
ben… „In unseren Feriencamps haben
wir die Möglichkeit, Kindern in Form
von Spielen wie zum Beispiel bei ei-
ner Schnitzeljagt mit Fragen rund ums
Pferd Theorie in spielerischer Form
beizubringen. Sehr hilfreich sind auch
unsere braven Ponys mit denen man
führen, putzen und reiten spielerisch
lernen kann. So gibt es den ganzen Tag
Spaß, aber es wird auch viel Wissen
vermittelt“, so Gabriele
Wintermeyer.
Nicht verzichtet wer-
den sollte aber auch auf
Theoriestunden zwi-
schendurch – aber auf
kindgerechtem Niveau.
Christine Kern: „Kinder
sind zwar noch viel intu-
itiver, wollen erleben und keine Vorträ-
ge hören. Aber ein wenig Theorie muss
schon sein. Vieles ist ganz einfach lo-
gisch und erst zu erfühlen, wenn man
es auch verstanden hat. Da kommt es
dann auf die kindgerechte Verpackung
an, manches erreicht man durch vor-
machen. Bildreiche Sprache hilft auch
oft, nicht nur Kindern…“
Besonders wichtig ist fortwäh-
render Unterricht. Auch jahrelanges
Reiten macht noch keinen perfekten
Reiter. Zwar ist es nach einer gewissen
Zeit sinnvoll, das Können des Kindes
auch im Einzelunterricht zu fördern
und so Talente herauszuarbeiten, nie-
mals jedoch sollte der Unterricht abge-
brochen werden, umbeispielsweise nur
noch auszureiten, „weil das ammeisten
Spaß macht“.
Wichtig: Einfühlsamer
Unterricht
Beim Reitunterricht ist es mittler-
weile Standard auch psychologische
Aspekte miteinzubeziehen. Auch
dieses Thema ist Bestandteil der Aus-
bildung zum FN-geprüften Reitlehrer.
Kinder und Erwachsene sind mental
sehr unterschiedlich zu behandeln. Bei
erwachsenen Reitschülern spielt die
Angst eine große Rolle, dass sie nicht
schon früher aufs Pferd gestiegen sind.
Oft ist es eine Mischung aus unbän-
diger Sehnsucht nach Pferden und Rei-
ten und der Furcht vor einem Unfall
auf der anderen Seite, welche sie unsi-
cher werden lässt. Diese Furcht gilt es
durch besonders einfühlsame, ganz auf
den individuellen Reiter abgestimmte
Reitstunden in den Griff zu bekom-
men. Überforderung ist hier fehl am
Platze, da häufig ohnehin kleine Ziele
wie beispielsweise ein erster Ausritt im
Vordergrund stehen. >>
Jedes Kind sollte meiner
Meinung nach eine
Weile voltigieren, umbesser
mitschwingen zu können“
Ingrid Klimke, Doppelolympiasiegerin
T i t e lthema : Re i tpädagog i k
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