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Reiterkurier · April 2015
F re i z e i t · ERhOLUNG · West ern
„Cowgirl“ hört sich für viele Leu-
te noch immer an wie „hübsche
kleine Nebensache“ im wirk-
lichen Cowboyleben. Woran liegt
das aus Ihrer Sicht?
Ich stelle diese Aussage in Frage.
Da möchte ich wirklich einen Beweis
dafür sehen, dass sich das jemand öf-
fentlich zu behaupten traut. Ich bin viel
mehr davon überzeugt, dass die Mehr-
heit der Menschen die Cowgirls nicht
als Nebensache betrachten.
Vielleicht gibt es ja noch viele,
die einfach nicht Bescheid wis-
sen. Was ist denn für Sie die am
wenigsten bekannte Tatsache
über die echten Cowgirls?
Wenn Sie da die Rodeo-Cowgirls an-
sprechen, also jene, die an Wettbewer-
ben teilnehmen, dannwissenvielenicht,
dass dies eine der allerersten Gruppen
weiblicher Athleten überhaupt waren,
die in der Öffentlichkeit in Erscheinung
traten. Das wird oft übersehen.
Welche Rolle spielten denn die
Cowgirls in der Geschichte? Wie
Sie im Museum zeigen, sind sie
ja auch ein Symbol für die weib-
lichen Pioniere bei der Erobe-
rung des Westens...
Zum einen hatten diese Frauen
natürlich die ihnen zugedachte „Rol-
le“ als Ehefrau, Tochter oder Schwe-
ster eines Ranchers. Als solche hat-
te sie bestimmte Aufgaben zugedacht
und musste die erfüllen. Andererseits
waren ihre „Rollen“ nicht anders als
die der Männer gestaltet: Sie ritten, sie
bewirtschafteten das Land, sie waren
Arzt, Handwerker, Tierpfleger – alles in
einem. Wir haben bewusst den Begriff
„cowgirl“ weit angelegt. Alle Frauen,
die wir hier feiern, haben den Westen
in irgendeiner Form gestaltet. Nicht
unbedingt auf dem Pferderücken, üb-
rigens. Manche, wie Laura Ingalls Wil-
der oder Willa Cather zumBeispiel, wa-
ren meisterhaft mit der Feder, andere
mit dem Pinsel wie Georgia O‘Keeffe
oder mit demHammer wie die Juristin
Sandra Day O‘Connor, die erste Richte-
rin am obersten Bundesgericht.
Haben diese Frauen das Image
der Cowboys und des Cowboy-
Lebens beeinflusst?
Dass sie das Image beeinflusst ha-
ben, kann ich mir nicht vorstellen.
Aber ich weiß, dass sie sehr, sehr popu-
lär waren, da sie schon früh – wir spre-
chen über das Ende des 19. und den Be-
ginn des 20. Jahrhunderts, mit Wild-
West-Shows im Inland und Ausland
unterwegs waren. Das hat im Osten
der USA genauso für Aufsehen gesorgt
wie in Europa, wo weder Ranches noch
Frauen auf Pferden alltäglich waren. Da
haben sie sicherlich einige Neugier aus-
gelöst. Übrigens haben auch die Cow-
boys kein großes Ansehen genossen,
bevor diese Shows auf die Reise gingen
und sie als eine Art Erlöser im Sattel,
sowie durch und durch gute Menschen
darstellten...
Welche Spuren haben die Cow-
girls in der Reiter(innen)welt hin-
terlassen?
Die Cowgirls der Vergangenheit wie
Tad Lucas oder Vera McGinnis haben
die Absperrungen zu den Rodeo-Are-
nen gestürmt und durchbrochen. Als
professionelle Trick-Reiterinnen haben
Die weibliche Seite
des Wilden Westen
Fort Worth
Für diese Folge der Kolumne habe ich mich mit Dr.
Diana Vela unterhalten, der Chefin des National Cowgirl Museums
in Fort Worth. Es zeigt eine eigene, ganz und gar nicht klischeehafte
Seite des Wilden Westens und seines Erbes.
Cowgirls