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Reiterkurier · Februar 2015
F re i z e i t · ERhOLUNG · West ern
Interessantes zur Working Equitation
Der natürliche Sitz eines Rinderhirten - ein Reitersitz in der Balance
D
er Reitersitz in Arbeitsreit-
weisen, wie der Working
Equitation basiert auf einer
gemeinsamen Balance zwischen Pferd
und Reiter. Eine harmonische Ver-
bindung beider Lebewesen kann nur
wirklich zustande kommen, wenn bei-
de Körper im Einvernehmen mitei-
nander agieren. Ein permanentes Fest-
klammern auf dem Pferd funktioniert
nicht. Der Reiter sitzt ausbalanciert auf
dem Pferd, mit einer Körperspannung
ähnlich einem Tänzer. Auf diese Weise
kann er sich in den Bewegungsrhyth-
mus des Pferdes einfügen und es durch
ein Verändern seiner eigenen Balance
leiten und lenken. Diese ausbalancierte
Verbindung zwischen Reiter und Pferd
bildet die erforderliche Grundlage.
Der Reitstil eines Rinderhirten
ist geprägt durch die Aufgaben, die er
mit seinem Pferd in der Hütearbeit
der Stiere erfüllen muss. Die Mentali-
tät der Menschen, aber auch die land-
schaftlichen Begebenheiten, die Natur
und Umgebung mit sich bringen, und
vor allem Temperament und Charak-
tereigenschaften der zu betreuenden
Rinder formen den Reitstil. Im süd-
lichen Europa, in Spanien wie in Por-
tugal, betreuen Vaqueros und Campi-
nos angriffslustige, schnelle und agi-
le Rinder. Sie werden meist für den
Kampf gezüchtet. In diesen Regionen
hat sich eine Reitweise entwickelt, die
bereits über Jahrhunderte hinweg aus-
gerichtet ist auf extreme Beweglichkeit
und spontanes Taktieren in Sekunden-
schelle, trotz unwegsamem Gelände.
Der Reitstil der Hirten muss ebenso
forsch, schnell und wendig sein, wie die
Rinder, die unter ihrer Obhut stehen.
Die täglichen Arbeiten erfordern eine
perfekte Einheit von Pferd und Reiter,
die nur ein wirkungsvoller Sitz auf dem
Pferd gewährleisten kann.
Jeder Rinderhirte weiß den aus-
geprägten Gleichgewichtssinn seines
Partners ‚Pferd‘ für sich zu nutzen. Der
Rinderhirte sitzt intuitiv in der Balan-
ce, leitet und lenkt sein Pferd durch
Verändern seines Gleichgewichtes. Nur
so können und müssen Pferd und Rei-
ter, ohne groß nachzudenken, als Ein-
heit agieren, damit Situationen in der
täglichen Arbeit mit den Stieren nicht
lebensgefährlich werden. So nutzen
traditionelle Arbeitsreitweisen das in-
stinktive Verhalten der Pferde, näm-
lich immer bestrebt im eigenen Gleich-
gewicht zu sein, im Stand wie auch in
der Bewegung. Ein Lebewesen, das in
seiner Balance ist, kann schneller und
unmittelbar zu jeder Zeit in fast je-
de Richtung fliehen, ohne dabei le-
bensrettende Sekunden zu verlieren.
Ein Pferd, dass sich auch mit dem Rei-
ter beständig in seinem physischen
Gleichgewicht bewegen kann, bleibt
damit auch in seiner Psyche ausgegli-
chen. Ein Sitz in der Balance schafft da-
für das Fundament.
Weitere Informationenüber dieGrund-
lagen der Arbeitsreitweisen finden
Sie in dem Buch ‚Working Equitation
Basics‘ erschienen im Angelika Graf
Verlag.
text/foto:
a. graf verlag/m. englbrecht
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