

Reiterkurier · Oktober 2014
Nachr i cht en
Wesen und Tradition der Schleppjagd
Traditionsschleppjagd
auf Herrenchiemsee
S
eit dem 12. Oktober 1990 darf
die Meute des Schleppjagdver-
eins von Bayern auf der Insel
die künstliche Duftspur verfolgen und
simuliert hier die über Jahrhunderte
alte Tradition der Fürstlichen Parforce-
jagd. Schirmherr dieser Veranstaltung
ist zum wiederholten Mal Horst See-
hofer.
Es sind bewegende, unvergess-
liche Augenblicke, wenn bei der letz-
ten Schleppe die Jagdgesellschaft auf
der Allee vom See zum Schloss galop-
piert, jubelnd empfangen von den Zu-
schauern. Glückselige Gesichter der
Aktiven beim Halali, die Hunde erhal-
ten ihr Curée (in Form von Rinderpan-
sen) als Belohnung und der Master To-
ni Wiedemann überreicht den Reitern
ihren Jagdknopf und den Buch aus Ei-
chenlaub: „Waidmannsheil und Waid-
mannsdank!“
Herrenchiemsee, das ist ein vol-
ler Jagdtag. Die ersten Gespanne set-
zen um7.30 Uhr über, exakt nach Plan.
Die Jagdhörner rufen zum Aufbruch:
11.00 Uhr Stelldichein vor der Kapelle
des alten Schlosses. Begrüßung, Pfer-
Chiemsee
Ca. 70 Amazonen und Reiter werden auch in diesem Jahr am 11. Oktober wieder hin-
ter den 40 englischen Foxhounds des Schleppjagdvereins von Bayern e.V. kreuz und quer durch
den Park um das Schloss König Ludwigs II. jagen.
desegnung und ab zum ersten Aufga-
lopp. Beim großen Stopp trifft man
sich wieder zu einer wohlverdienten
Pause. Die Jagd ist immer auch ein ge-
sellschaftlicher Höhepunkt – ein herz-
liches Miteinander in jagdreiterlicher
Zusammengehörigkeit.
Mehr über den Schleppjagdverein
finden sie auf der Homepage des
Vereins unter:
www.schleppjagd.detext/foto:
schleppjagdverein/ r. kretschmar,
www.rk-fotografie.de, einen
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Die Deutsche Schleppjagdverei-
nigung (DSJV) versteht sich als
Bewahrer der Traditionen und
des Brauchtums der Schleppjagd,
auch in einem sich verändernden
gesellschaftlichen
Umfeld.
Es zählt deshalb zu ihrer vor-
nehmsten Aufgabe, sich um die
Harmonie zwischen Neuem und
Altem, zwischen Fortschritt und
Traditionspflege zu bemühen.
Sprünge sind Bestandteile der
Schleppjagd, aber nicht das
tragende Element. Sie sind hin-
sichtlich ihrer Anzahl, Höhe und
Integration in die Jagdstrecke so
zu gestalten, dass sie von einem
durchschnittlich erfahrenen Rei-
ter und einem entsprechend trai-
nierten Pferd zu bewältigen sind,
dem Gedanken von horsemanship
Rechnung tragen und sich in die
natürliche Umgebung einpassen.
Die Hauptakteure der Schleppjagd
sind die Hunde. Ihnen gebührt die
größte Aufmerksamkeit. Schlep-
pen werden seit jeher zur Ausbil-
dung der Hunde gelegt.
Die Schleppjagd in Deutschland
hat ihren Ursprung nicht erst im
Wildjagdverbot von 1934 oder in
der reiterlichen Ausbildung der
preußischen Kavallerie. Sie grenzt
sich vom britischen Hunting und
der französischen Parforcejagd
allein dadurch ab, dass die Hunde
eine künstliche Fährte ausarbeiten,
aber kein lebendes Wild jagen.
Es entspricht dem Gebot des Re-
spekts vor diesen Traditionen, dass
die Teilnehmer einer Schleppjagd
sich diesen Sitten und Gebräuchen
anpassen und so einen Beitrag zur
Bewahrung dieser Traditionen lei-
sten. Disziplinfremdes Sattel- und
Zaumzeug sind genauso wenig
jagdtypisch wie Freizeitkleidung.
Jagdreiten ist mehr als Sport;
es ist in Jahrhunderten ge-
wachsene Kultur.
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