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Reiterkurier · Oktober 2015
F
rei lebende Pferde sind
täglich bis zu 20 Stunden
in Bewegung, ihr gesamt-
er Organismus ist darauf
ausgerichtet. Die Hufe
sind dabei hohen Belastungen ausge-
setzt, Wildpferde legen aber problem-
los längere Strecken über Gestein und
wechselnde Böden zurück. Möglich ist
dies weil sich die Naturhufe perfekt an
verschiedene Untergründe anpassen
können. Die stetige Bewegung sorgt
dafür, dass der Hufmechanismus (Huf-
pumpe) in Takt gehalten wird, der das
Herz beim Blutumtrieb unterstützt.
Hufe als Stoffwechselorgan dienen
auch der Ausleitung von Giftstoffen.
So hat die Natur dem Pferd einen per-
fekten „Schuh“ für jedes Terrain mit
gegeben. Hufprobleme tauchen erst
auf, weil unsere domestizierten Pferde
in einer vom Menschen geschaffenen
Umwelt leben müssen, in der sie nur
wenig Möglichkeit haben sich ihrer
Natur entsprechend zu bewegen. Viele
(Huf-) Krankheiten entstehen als Fol-
ge von Bewegungsmangel, unregelmä-
ßiger Hufbearbeitung oder falschem
Training. Ob ein Pferd belastbare, ge-
sunde Hufe hat ist daher abhängig von
den jeweiligen Lebensbedingungen,
den Bodenverhältnissen, der Nutzung
aber auch den rassespezifischen Eigen-
heiten.
Der natürliche Hufmechanismus
Jeder Reiter wünscht sich ein
Pferd mit belastbaren Hufen und der
alte Spruch „ohne Huf kein Pferd“ hat
auch heute noch Bedeutung. Werfen
wir deshalb einen Blick auf Funkti-
onen und Aufbau des Hufes: Die Huf-
Belastbare
Hufe
mit und ohne
Beschlag
kapsel ist nicht starr, sie ist zwar sehr
stabil, aber auch elastisch und beweg-
lich. Sie besteht aus einer Kombinati-
on von hartem und weichem, wasser-
haltigem Hornmaterial. Die wie Spi-
ralfedern funktionierenden Wand-
hornröhrchen des Horns können
zusammengedrückt oder auseinander
gezogen werden. Im Inneren befindet
sich das Hufbein, das mittels Hufge-
lenk mit dem Kronbein verbunden ist.
Als Bestandteil des Hufgelenks dient
das Strahlbein demHufbein zur Unter-
stützung und sorgt für Beweglichkeit
der tiefen Beugesehne. Der Schleim-
beutel dazwischen, die Hufrolle, dient
der gleichmäßigen Druckverteilung.
Umgeben sind die Hufknochen von
Knorpel, der Strahl und Ballen bildet
und auch das Hufgelenk bedeckt. Die-
se Anordnung sorgt für Beweglichkeit,
der elastische Strahl hat u.a. die Funk-
tion eines Puffers. Knochen, Knorpel
und Hufwand sind verbunden mittels
der Lederhaut, die durchsetzt ist mit
zahlreichen Blutgefäßen und Nerven-
fasern. Die Lederhaut erfüllt wichtige
Stoffwechselfunktionen, transportiert
Schlacken ab und sorgt für die Produk-
tion von stabilem Horn. Da das Huf-
bein in der Hornkapsel elastisch auf-
gehängt ist, funktioniert dieser Me-
chanismus beim Laufen wie ein Stoß-
dämpfer der vor Überlastung schützt.
BeimAuffussen wird die Kraft des Auf-
pralls über die Hufbeinaufhängung ab-
gefangen und anschließend im Huf in
Energie umgewandelt. Es kommt zur
Erweiterung der Kapsel, das Sohlenge-
wölbe mit Eckstreben und seitlichem
Tragrand wird abgesenkt und der Huf
füllt sich mit Blut. Bei Entlastung wird